Ersatzadjektive für Hygienemaßnahmen

Das Adjektiv streng, das in den Medien seit Monaten mutterseelenallein vor sämtliche Hygieneregeln gespannt wird, hat meinem Empfinden nach eine Pause verdient!
Als Aushilfen schlage ich vor:
durchdacht, genau, rigide, intelligent, klug, stringent, fundiert, gewissenhaft, solide, kraftvoll, ausgefeilt, einleuchtend, überzeugend, ausgeklügelt, harsch, neu, gut, nachvollziehbar, effizient, verpflichtend, einschneidend, effektiv, rigoros, drastisch, wirkungsvoll, präzise, perfekt, elaboriert, massiv, extrem, nachdrücklich, beherzt, tadellos, deutlich, entschlossen, tiefgehend, empfindlich, zuverlässig, bewährt, innovativ, kreativ, energisch, dezidiert, zahlreich, kontrolliert, umfangreich,
intensiv, kraftvoll, markig, ausgedehnt, verbindlich, heftig, schonungslos, einschneidend, scharf, durchschlagend, konsequent, gründlich.

 

Schimmelspürhund

Gestern gesehen:

Foto eines vorüberfahrenden roten Lasters vor einer Werbung zur Schimmelbekämpfung

Heja, ein Aufsteller zum Schimmel!
Und das ganz in der Nachbarschaft!
Will da jemand mitschimmeln?
Dem Schwarzen Schimmel eine Botschaft übersenden?
Eine eigene Kunstaktion starten?

Foto einer Werbung für Schimmelbekämpfung mittels eines Spürhundes

Nein, das signalisiert eher kein Interesse an brotloser Kunst.
Aber ich freue mich über einen Neuzugang zu meinem Wortschatz:
Schimmelspürhund (sic!).

Vorhangwelle

Dornseiffs Vorhang

Halbdunkel.
Erfolg.
Geheimhalten.

So viel zur Verortung des Vorhangs. Und was sagt die Welle?

auf und ab
hin und her
klipp klapp
tick tack

 

(Quelle? Mal wieder Dornseiffs deutscher Wortschatz nach Sachgruppen …)

Es färbte sich die Wiese grün

Kantapper Kohlezeichnung . Frau mit Pfanne.

Einerseits bedeutet fertig „zum Ende kommen“. Andrerseits bedeutet fertig „zum Aufbruch bereit sein“.
Aber was heißt dann unfertig? Ich glaube, da tritt man auf der Stelle, irgendwo zwischen Anfang und Ende.

Oder, wie es bei Novalis heißt:
Ich wusste nicht, wie mir geschah
Und wie das wurde, was ich sah.

Ein neues Foto aus meinem Kantapper-Projekt gibt es auf der Seite Unfertiges.

 

 

Wechselbalg

wechselbalg

Heute beim Am-Eisladen-Vorbeigehen die Tafel mit der gelben Kreide-Aufschrift:
Jetzt neu im Angebot: Feuerkaffee!
Ein Eismann, der Feuerkaffee verkauft, das gefällt mir. Doch leider hab ich mich mal wieder verlesen und es wird nur schnöder Filterkaffee angeboten.

Sentimentalität

sentimental
Aus gegebenem Anlass (s. Seite Upcycling) versuche ich gerade, dem Begriff Sentimentalität näherzukommen. Als erstes kam mir mal wieder ein Bild aus einem Salinger-Text in den Sinn: Sentimentalität als niedliches Kätzchen, dem man eine riesige Schleife umbindet, um es noch niedlicher zu machen.
Gleich darauf fiel mir Dornseiff ein, bei dem man beruhigenderweise jederzeit alles nachschlagen kann, aber bei Wikipedia nachschauen geht ja schneller. Dort wird das Schwelgerische der Sentimentalität betont, wobei das Gefühlsspektrum, in dem geschwelgt wird, von wohlig über sehnsüchtig bis zu melancholisch reicht.
Und was sagt Dornseiffs Wortschatz? Dort wird Sentimentalität unter dem Stichwort Mitgefühl geführt und das Wort sentimental wird eingereiht unter so schöne Wörter wie ästhetisch, allergisch, empfindlich, feinfühlend, labil, lyrisch, mimosenhaft, pingelig, poetisch, reizbar, romantisch, schmachtend, seelenvoll, sensitiv, unverstanden, wehleidig, weinerlich, überwach, und zartbesaitet.
Und in direkter Nachbarschaft wohnen die Wörter Künstler(natur), Dichter, Mimose, Schöngeist und Prinzessin auf der Erbse.
Letzteres bringt mich auf ein Andersen-Märchen, in dem die genervte Prinzessin vom Dummling wissen möchte, wie man denn bloß diese ständig wegkullernden Erbsen auf die Gabel spießen soll. Der Dummling rät ihr, die Gabel in Honig zu tauchen, dann würden die Erbsen schon dran kleben bleiben. Schmeckt scheußlich, meint die Prinzessin. Aber funktioniert, meint der Dummling.
Genauso ist es mit der Sentimentalität.

Übertragung

Es gibt zwei Zeilen in einem alten Gedicht von Tao Yuanming, die mich schon seit Jahren umtreiben. Es gibt viele unterschiedliche, immer mehr oder weniger wörtliche  englische Übertragungen:

Cage bird long for old forest
Pond fish long for deep old pool
Oder:
The caged bird wants the old trees and air.
Fish in their pool miss the ancient stream.

Aus den deutschen Übertragungen und mit Blick auf die englischen Versuche hab ich mir irgendwann meine Lieblingsvariante zusammengebastelt:

Der Vogel im Käfig sehnt heim sich zum Walde,
Dem Fisch im Teich bleibt unvergesslich sein See.

Daraus ergab sich irgendwann die Frage, ob sich ein Gartenteich auch nach dem Meer sehnen könnte und daraus ergab sich meine Gartenteichaktion (s. Aktionen), die statt Lethe vielleicht besser Weckruf heißen sollte.

Allerdings ist das Wasser vom Unterweltfluss Lethe nun mal flüssig, während ein Weckruf eher im Luftbereich angesiedelt ist, mit schrecklichen Weckerpiepstönen. Oder mit einem krähenden Hahn, der einen stracks zum Lied Der Hahn ist tot, der Hahn ist tot führt. Spätestens dann ist die Geschichte von der Erinnerung eines Gartenteichs an das riesige Salzmeer wieder vergessen.
Für meine Gartenteichaktion ist Lethe deshalb im Augenblick doch der bessere Titel …

Horch, was kommt von draußen rein?

Wenn man vom griechischen Wort für Wahrheit ein paar Buchstaben wegstreicht, trifft man plötzlich auf die gute alte Lethe: aletheia.
Es ist aber nicht wahr, dass man deswegen gleich in der dunklen Unterwelt am Fluss des Vergessens hocken muss, sondern ganz im Gegenteil, das Unvergessene liegt in der Wahrheit.
Durch das Wegstreichen von Buchstaben kann man natürlich alles und nichts beweisen. Zum Beispiel, wenn ich mich auf den schönen Begriff der brotlosen Kunst zurückbesinne, ist es im Zusammenhang mit der Auffassung von Wahrheit als dem Unvergessenen natürlich reizvoll, auch das deutsche Wort Unvergessenes zusammenzustreichen.
Eigentlich sollte jetzt noch ein eleganter Schlenker zum Metaphernbegriff kommen, aber mir schwirrt schon den ganzen Morgen das holahi-rufendes Vergissmeinnicht durch den Kopf:

Wenn ich dann gestorben bin, Hollahi, hollaho,
Trägt man ich zum Grabe hin, Hollahi, hollaho.
Setzt mir keinen Leichenstein, Hollahi, hollaho,
Pflanzt mir drauf Vergissnichtmein, Hollahi, hollaho.

Mehr dazu an einem anderen Tag …

E, Fau, A

In meinem ersten Kunsthochschuljahr meinte ein Prof anlässlich einer Arbeitsbesprechung, ich müsste mich darauf gefasst machen, dass ich mich mit meiner Herangehensweise an die Kunstdinge später einmal dem Vorwurf der Naivität aussetzen würde.
Ein Vorwurf ist ja eigentlich was Schönes, vor allem wenn er trifft. Aber der Prof hat es ja fein formuliert, es geht nicht um einen treffenden oder nicht treffenden Vorwurf, sondern nur darum, sich selbst als Zielscheibe anzubieten.
Seit ich meinen Namen von allem Überflüssigen befreit habe, bin ich öfter über das Wort naiv gestolpert. Den eigenen Vornamen zu halbieren und dann auch noch den Nachnamen abzusäbeln, kommt schon etwas dümmlich daher.
Dümmlich, bzw.:
ahnungslos, arglos, dämlich, einfach, einfältig, gutgläubig, infantil, kindlich, kritiklos, leichtgläubig, nichtsahnend, schlicht, strohdumm, stupide, tölpelhaft, unbedarft, unbefangen, unbekümmert, unerfahren, unfertig, unkritisch, unreif, vertrauensselig.
(Soweit meine Dornseiff- und Internet-Beute an Synonymen mit abwertender Note für das Wort naiv.)
Jedenfalls, sich selbst als naiv zu begreifen, dürfte so praktikabel sein wie sich selbst zu kitzeln.