Temptation

Zeus brummt in der Wolke

 Warum ist es eigentlich so schwer, eine einfache Formulierung wie temptation on a stick ins Deutsche zu übertragen, ohne dass das Wortsoufflee zusammenfällt?
Versuchung am Stöckchen
… klingt erstmal gar nicht so mies, allerdings heißt es im ganzen Satz: He was temptation on a stick.
Er war Versuchung am Stöckchen?
Weia! Da hat man doch gleich diese Gary Larson-Hunde im Kopf, die sich im Kino begeistert ihren Lieblingsfilm ansehen: Der Mann, der Stöckchen warf.
Bei Er war Versuchung am Stock möchte man sofort hilfreich seinen Sitzplatz im Bus anbieten.
Er war Versuchung am Stiel?
Uäh!
Er war Versuchung mit Stiel?
Schlimmer geht’s nimmer.
Er war Versuchung mit Stil?
Seufz.
Mal schaun, wie das Problem üblicherweise gelöst wird …
Sein Anblick war atemberaubend.

Übrigens, es gibt auch ein deutsches Eis am Stiel namens Temptation – in einem Pappsarg.

Sentimentalität

sentimental
Aus gegebenem Anlass (s. Seite Upcycling) versuche ich gerade, dem Begriff Sentimentalität näherzukommen. Als erstes kam mir mal wieder ein Bild aus einem Salinger-Text in den Sinn: Sentimentalität als niedliches Kätzchen, dem man eine riesige Schleife umbindet, um es noch niedlicher zu machen.
Gleich darauf fiel mir Dornseiff ein, bei dem man beruhigenderweise jederzeit alles nachschlagen kann, aber bei Wikipedia nachschauen geht ja schneller. Dort wird das Schwelgerische der Sentimentalität betont, wobei das Gefühlsspektrum, in dem geschwelgt wird, von wohlig über sehnsüchtig bis zu melancholisch reicht.
Und was sagt Dornseiffs Wortschatz? Dort wird Sentimentalität unter dem Stichwort Mitgefühl geführt und das Wort sentimental wird eingereiht unter so schöne Wörter wie ästhetisch, allergisch, empfindlich, feinfühlend, labil, lyrisch, mimosenhaft, pingelig, poetisch, reizbar, romantisch, schmachtend, seelenvoll, sensitiv, unverstanden, wehleidig, weinerlich, überwach, und zartbesaitet.
Und in direkter Nachbarschaft wohnen die Wörter Künstler(natur), Dichter, Mimose, Schöngeist und Prinzessin auf der Erbse.
Letzteres bringt mich auf ein Andersen-Märchen, in dem die genervte Prinzessin vom Dummling wissen möchte, wie man denn bloß diese ständig wegkullernden Erbsen auf die Gabel spießen soll. Der Dummling rät ihr, die Gabel in Honig zu tauchen, dann würden die Erbsen schon dran kleben bleiben. Schmeckt scheußlich, meint die Prinzessin. Aber funktioniert, meint der Dummling.
Genauso ist es mit der Sentimentalität.

Gehäkelt, nicht gestrickt!

Mir fällt auf, dass mein Blog-Gewebe bereits einige Laufmaschen zu haben scheint: Begriffe und Behauptungen, die noch ergänzt werden sollten. Und das werden sie auch, denn dieser Blog ist ja gar nicht gestrickt, sondern gehäkelt, und soweit ich mich erinnere, rutschen einem beim Häkeln nie Maschen von der Nadel. Denn eine Häkelnadel ist ja nichts anderes als ein Widerhaken …
Außerdem gibt es für ganz schlimme Fälle von vernachlässigten schwierigen Begriffen auch noch die bewährte Methode, diese erst einmal liegenzulassen und sie dann später mit anderen zusammenzusetzen und damit zu vervollständigen. Daraus entsteht dann über kurz oder lang ein Gebilde zwischen Ikea-Flickenteppich und 3D-Quilt: ein eigenes Gedankenflickwerk.
Das heißt, was diesen Blog betrifft, habe ich mir gerade selbst eine Lizenz zum Hüpfen erteilt. Und das unter dem Deckmantel der Gewissenhaftigkeit!